Ursprünglich hatten wir geplant am Chäserrugg klettern zu gehen, aber nachdem ich von Marcel vernommen hatte, dass er seine neue Route Solitaire am Zuestoll gepunktet und freigegeben hat, haben wir uns kurzfristig umentschieden.
Die Beschreibungen von Marcel in seinem sehr guten Erstbegehungs-Blog will ich hier nicht wiederholen sondern beschränke mich auf Ergänzungen und unsere persönlichen Erlebnisse.
Deshalb - und weil wir genügend Zeit hatten - haben wir uns entschieden die Route Verdon-mässig zu klettern, d.h. vom Gipfel abzuseilen um ohne schwere Wanderschuhe und ohne die exponierte Bandquerung von Paliisnideri an den Einstieg zu gelangen. Der grosse Nachteil dieser Variante ist jedoch, dass man hierfür fast 1 1/2 Stunden länger benötigt. Im Abschnitt 'Taktik' von Marcel sind effizientere Zustiegsmöglichkeiten beschrieben (welche uns schon auch bekannt waren).
Um 10:15 sind wir dann über die Chico Mendez in 6 x zum Stand der SL 2 abgeseilt (SL1, 3b ausgelassen).
Blick vom Stand der Crux-SL von Chico Mendez (beim Abseilen) Richtung Walenstadt. Links in der Wand verläuft die steile neue Route Solitaire. |
Start um ca. 11:15 nachdem wir uns bereit gemacht und noch etwas gewartet haben.
Trotz der super schönen Route fängt mein Bericht hier leider nicht sehr positiv für mich an, da ich in den ersten 2 Seillängen gleich 2 Stürze infolge Felsausbruch in Kauf nehmen musste. Anschliessend lief aber alles 'normal' und wir haben die Route sehr genossen.
SL2 25m, 6b, Der Start der Solitaire ist am gleichen Stand wie bei der Route Allerheiligen aber die Solitaire verläuft gerade hoch über die Platte. Nach der ersten Reebschnur in einer Sanduhr folgt eine schöne Plattenstelle. Nach dem 3 Bolt dann sehr unerwartet ein Seitgriff-Ausbruch einer mindestens handgrossen Schuppe links mit einem Sturz von ca. 4-5 m. Zum Glück macht es uns nichts (ausser kleinen Schürfungen). Die Stelle ist deshalb nun aber nicht viel schwerer, oberhalb des Ausbruchs geht die - dort besser mit dem Fels verwachsene - Schuppe weiter.
SL3 20m, 7a, Die Franzosen haben etwas lange, sodass wir schon nach der ersten Seillänge warten mussten. Zuerst gerade hoch, die Querung nach rechts, bis man die grosse Schuppe gefasst hat, ist nicht ohne. Als ich von dort dann weiter hochklettern will, ein sehr unerwarteter Trittausbruch im kompaktem Fels links der Schuppe aber noch in der Platte (noch nicht im Aufschwung): eine etwa fussgrosse, quadratische, ca. 2 cm dicke Platte gleich unterhalb des Aufschwungs, noch auf der geneigten Platte, bricht bei der Gegendruckbelastung (mit den Händen an der Schuppe oben) aus und ich stürze ein weiteres Mal ins Seil; allerdings diesmal wegen der vielen Bolts an dieser Stelle nicht weit.
Nachher bin ich bei der Crux (am Ende des Aufschwungs) leider auf den Bolt gestanden; ich wollte nicht gerade nochmal einen Sturz riskieren. Die SL ist wohl eher 6c+, aber ich kann es nicht richtig beurteilen nach dem Sturz und meinem Hakentritt-'Bschiss'.
Solitaire, SL3 7a, Sturz vor der Crux wegen Trittausbruch. Etwas seltsam, dass die Franzosen ihr Seil meist die Route runterhängen lassen... (was für die Nachsteiger natürlich störend ist) |
SL4 20m, 6c, Die Crux besteht darin, beim Dach an den grossen Henkel zu gelangen (Grosse sind im Vorteil); Die Bewertung 6c ist wegen dieser Stelle ok. Gegen Schluss noch etwas lose scheinende grossen Schuppen, welche aber stabil waren. Vorsichtig jedoch an den Stellen mit etwas splittrigem Fels.
Der Bolt oben vor dem Linksquergang ist vorbildlich gesetzt um einen Pendelsturz des Nachsteigenden zu vermeiden.
Solitaire, SL4 6c, wenn man diesen Henkel hat, dann hat man die Crux bereits geschafft. |
Solitaire, SL5 6b+, steil aber meist relativ grossgriffig. |
Viel einfacher ginge es, wenn man rechts ausweicht, wie dies die vor uns kletternde Seilschaft vormachte, was aber sehr schade und auch gefährlicher ist und man zudem ein allfälliges Onsight/Rotpunkt dadurch vergibt (man kommt nicht mehr an den letzten Haken ran) .
Solitaire, SL6 6c, Abwechslungsreiche Kletterei in kompaktem Fels |
Solitaire, SL6 6c, die Linksquerung an dieser Stelle hinauf zur Schuppe ist die Crux-Stelle |
Die vor uns kletternde Seilschaft ist immer wieder ziemlich nach links an die Schuppen ausgewichen und auch am Schluss sind sie bei der Crux-Stelle links ausgewichen; es kann aber ziemlich alles in direkter Linie den BH entlang geklettert werden (für den 1.Bolt ging ich auch links an den Riss).
Solitaire, SL7 6b, super schöner Fels. An einigen Stellen könnte an die Schuppen links ausgewichen werden. |
SL7 6b, diesmal von oben. Ignaz noch einige Meter vor der direkten Ausstiegs-Crux. Rechts erkennt man gut die einfachere Umgehungsvariante. |
Oben dann nochmals anspruchsvolle Aufschwünge und Reibungsstellen (einfach immer in der Linie bleiben, dort ist der Fels auch fest), die letzten paar Meter dann zwar einfach, aber mit teilweise splittrigem und unzuverlässigem Fels. Mir schienen die Hakenabstände im oberen Teil relativ gross (für xxxx).
Solitaire, SL8 6c, Hans vor der athletischen Crux (dem Seilverlauf folgend, links dem Riss nach hoch) |
SL8 6c, im oberen, etwas splitterigen Teil (Selbstfoto von Hans während dem klettern) |
Im oberen Teil dann eine senkrechte Platte in der die Bolts stecken. Ich habe im unteren Teil der Platte auf Anhieb keine gute Lösung (mit 6b) gesehen und bin links in das Gras gestanden. Anschliessend weiter in der Platte und oben rechts an die gute Kante und an dieser hoch.
Solitaire, SL9 6b, Anfangs etwas splitteriger Fels. Das Loch rechts des Seiles war nass. |
SL9 6b, dieselbe Platte aber von oben mit Ignaz an einer schönen (kurzen) Piaz-Stelle. |
SL9 6b, Ausstieg; die Hauptschwierigkeiten der Solitaire sind geschafft! Unten der Walensee. |
SL10 5b, Ignaz in der letzen, bzgl. Felsqualität eher zweifelhaften Seillänge. |
Nachdem wir uns verpflegt hatten wanderten wir über den Nordrücken zurück zur Breitenalp.
Allgemeines:
- Gemäss dem Wandbuch haben wir die 5.Begehung gemacht, nach Marcel/Kathrin (Gratulation!), Dani/Ilja (1.Onsight, Gratulation!) und den 2 Seilschaften (nicht onsight) von heute vor uns.
- Ich habe fast ein Onsight geschafft und konnte alles sauber im Vorstieg klettern ausser die 7a-SL3 wo ich auf einen Bolt gestanden bin und dann eben die 2 Felsausbruch-Stürze (SL2 und SL3). N.B. den Erstbegeher-Blog von Marcel haben wir noch nicht gekannt.
- Mehrere Seilschaften gleichzeitig in der Route: Die meisten Stände sind zwar einigermassen geschützt, das gilt aber nur bedingt für jenen nach SL2, derjenige nach SL4 ist Steinen aus den beiden folgenden SL und auch aus dem Bereich der letzten 3-4 SL von Baustop ausgesetzt und der nach SL5 ist voll in der Schusslinie von SL6. Deshalb sollte man diese Situation möglichst vermeiden (wie in den meisten anderen Routen).
Vorsicht vor Steinschlag auch beim Vorbau, falls Leute in der Route(n) sind. - Da die Route vermutlich sehr beliebt sein wird, lohnt es sich auch mobile Sicherungsmittel mitzunehmen sodass man auch eine der daneben liegenden Routen klettern kann falls bereits jemand in der Route ist.
- Die Crux-Stellen sind immer sehr gut gesichert und können meist mit A0 überwunden werden, an wenigen Stellen kann man die Schwierigkeiten auch umgehen. Ca. 6b ist obligatorisch aber erst wenn man 6c gut klettert macht es m.E. wirklich Spass.
- Die vor uns steigende Seilschaft war etwas überfordert (viele Hänger) und vor allem der Nachsteigende mit dem schweren Rucksack war zu bedauern. Ein solch schwerer Rucksack sollte in der doch teilweise ziemlich athletischen Route vermieden oder dann mittels Haulbag nachgezogen werden.
Zuestoll - Solitaire 7a (6b obl.) - 10 SL, 295m - Marcel Dettling 2011-2013 - ****, xxxx; Meine Bewertung: xxxx (Passagen über 6b)/ xxx (sonst)
Material: 10 Express, Keile und Friends nicht nötig (trotzdem evtl. mitnehmen um in eine andere Route ausweichen zu können)
Topo: Erstbegehung (super gutes Topo) oder 'Schweiz Extrem Ost'
Vielen Dank an Marcel für diese wirklich tolle und interessante Route und die super gute Beschreibung mit dem sehr genauen Topo! Und vor allem ist noch erwähnenswert, dass Marcel diese Route von unten alleine eingerichtet hat.
Fazit:
Super schöne Route, die es mit der Chico Mendez durchaus aufnehmen kann, aber etwas athletischer und schwieriger ist. Dennoch, der Zuestoll ist alpines Gelände, d.h. es hat wie in allen Routen dort auch einige etwas splittrige Stellen, die man sicher bewältigen können sollte. Man lasse sich auch bzgl. der Absicherung nicht täuschen: obwohl keine mobilen Sicherungsmittel notwendig sind und an den schweren Stellen keine weiten Abstände warten, handelt es sich keineswegs um eine Klettergarten-Plaisir-Route.
Die Bewertung der Schwierigkeiten von Marcel teile ich durchwegs.
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