Nachdem wir uns am 1. Tag am Hanibalturm an den Granit gewöhnt hatten, gingen wir an die Graue Wand um eine alpinere und anspruchsvollere Route zu klettern.
Die Conquest mit dem berühmten "Super-Fissure" wäre eigentlich eine sehr interessante Route aber gemäss 'schweiz extrem ost' mit altem, schlechten Material ausgerüstet (Nachtrag: am 15.8.2013 wurden die Standplätze saniert).
Wir sind deshalb in den rechten Teil der grauen Wand hochgestiegen und haben die Kalypso, 6c (6b obl.) von den Remy-Brüder in Betracht gezogen, doch angesichts der eher wilden Absicherung in der ersten Seillänge (welche wir einsehen konnten) haben wir dann die Route 'Eisbrecher' gewählt.
Vom Parkkplatz Tätsch sind wir kurz nach 7 Uhr via Albert-Heim-Hütte (unten vorbei), dann dem Bach entlang und an den Wandfuss der Grauen Wand gestiegen, im steileren Schlusshang mit Pickelhilfe (Vorsicht vor dem grossen Bergschrund!). Nachdem wir am Vorbau auf der rechten Seite bis an den höchsten Punkt geklettert sind (T5-Gelände) und uns gut vorbereitet hatten, konnten wir um 9:40 starten.
In der klassischen Niedermann-Route hatte es bereits einige Seilschaften; die anderen, schwereren Routen in diesem Sektor werden eher selten begangen.
Sl1 6a (Accept) Ruedi wählte die Einstieg-SL von der Route Accept (die 1.SL von Eisbrecher ist 5c), weil er die Eisbrecher schon vor 30 Jahren geklettert hat und auch noch was neues kennenlernen wollte ;-) Gleich ein schwieriger, langer Riss (von unten sieht er harmloser aus) mit Handklemmer und oben dann stumpf und zudem müssen teilweise selber Cams gesetzt werden. Für Ruedi mit seinen USA-Kletter-Erfahrungen kein grösseres Problem, für mich aber doch schon das erste Mal anspruchsvoll.
Accept SL1, 6a (Einstiegsvariante zum Eisbrecher) Ruedi bei der Handklemmer-Stelle im langen Riss. |
Der 1.Bolt dann beim Riss nach ca. 12-15 m vom Stand aus. An die grossen Boltabstände und das selber Absichern muss man sich nach den Hanibal-Plaisir-Routen zuerst wieder gewöhnen! Oben dann wieder etwa einfacher dem Riss nach hoch.
Sl3 6b+ Die Crux-SL der Route: auf einer Reibungsplatte diagonal links hoch. 2 Varianten: Entweder oben durch auf Reibungsplatte (zuerst hoch, dann links) oder unten an dem auslaufendem Riss nach piazzen (Reepschnur in Bolt vorhanden für diesen Fall).
Wir wählen den oberen Weg und schaffen es knapp im OS auf der difficilen Platte. Auch für den Nachsteiger ist die Querung anspruchsvoll. Die Absicherung mit Bolts ist hier gut.
Eisbrecher SL3 6b+, Ruedi bei der difficilen Platten-Crux |
Eisbrecher, Stand SL3, Blick nach Osten in die Niedermann-Route wo ein Kletterer am Werke ist (in der unteren Bildmitte) |
SL4, 5c+, Platten und Schuppen. Unten sieht man den Vorbau; auf dessen linken Seite steigt man in steilem Schneefeld zu den Einstiegen hoch. |
Sl6 6a+, 15m Ruedi hängt diese SL mit SL5 zusammen was gerade knapp 50 m ergibt.
Sl7 6b, 35m Diese SL führt im grossen ZickZack sehr schön in abwechslungsreicher Kletterei hinauf.
SL7, 6b Crux-Stelle |
SL8, 6b+ kurz vor der steileren Passage |
SL9, 6a Ruedi kurz vor der schwierigen Grounder-Plattenstelle, vor dem schlecht gesetzten Bolt. Die Originalroute des Eisbrechers ging rechts davon im 5-er Gelände. |
SL10, 6a sehr schöner Fels; auch hier muss viel selber gesichert werden. |
SL12 5a Die letzte SL quert rechts hoch; in der Mitte noch eine etwas schwerere Stelle.
Um 14:50, nach gut 5 h sind wir nach einem sauberen Team-OnSight auf dem Grat.
Es beginnt zu regen und vor allem surren 2 Haken ca. 2 m höher auf dem Gipfel, da kleinere Gewitterwolken im Gebiet sind und ein leises Grollen hörbar ist. Meine Kamera surrt beim hochhalten auch, worüber ich natürlich ziemlich erschrecke und sie sofort tiefer halte!
GraueWand, Eisbrecher, Ausstiegsgrat, ein kleines Gewitter naht; die oberen Bolts und die Kamera surren beängstigend. |
Blick in die regennasse Wand beim Abseilen im unteren Teil |
Vorsicht beim Abstieg am Vorbau: Zwischen der Wand und dem Vorbau ist es ziemlich brüchig und die Gefahr ist gross, dass man Steine auslöst und andere Absteigende gefährdet (beim Aufstieg ist dies weniger problematisch da die Niedermann-Route, wo die meisten Leute klettern, unten startet, aber die Abseilpiste endet oben am Vorbau). Bei uns haben 2 andere Absteigende relativ grosse Steine von oben ausgelöst. Am besten wartet man bis niemand mehr in der Rinne ist.
Graue Wand, Abstiegsrinne zwischen Wand und Vorbau. Vorsicht: etwas brüchig |
Facts:
Furka - Graue Wand - Eisbrecher 6b+ (6a+ obl.) - 12 SL 400 m - Martin Scheel & Co. 1982, saniert 1997 - ***, xx
Material: 10 Exen, Camalots 0.3-2, Bandschlingen, evtl. Klemmkeile 2-10, Pickel und evtl. Steigeisen (falls harter Firn) für den Zustieg.
Absteigen: Abseilen über die Route wäre möglich, aber einfacher/direkter über die zentrale Abseilpiste.
Topo: Schweiz Extrem Ost (aktuell), Originaltopo (nicht mehr ganz aktuell)
Fazit: Schöne, alpine Route mit abwechslungsreichen Rissen und Platten, wobei Risse und Schuppen überwiegen. Es kann und muss viel selber gesichert werden. Die wenigen Bolts sind aber durchdacht gesetzt (bis auf einen; siehe oben SL9) . Für die damalige Zeit ein Highlight. Die Route weicht an einigen wenigen Stellen gegenüber der Originalroute ab.
saubi, hombre, exakt beschrieben. Wir haben damals viel weniger Haken gesetzt - es war recht abenteuerlich für den Vorsteiger. Lieber Gruss von Roli Heer, einer der Erstbegeher (gehe immer noch fast wöchentlich mit Mäde auf Touren, sei es Hike&Fly bzw. Climb-to-Fly und Skitouren etc.)
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