Das Zervreilahorn ist ein sehr schöner Berg mit ebenso schönen Kletterrouten im Granit. Da Ruedi die meisten Routen dort schon kannte, entschieden wir uns für die 'Con todo guerrero', eine Clean-Climb-Route, d.h. die Route muss komplett selber abgesichert werden. Leider haben wir jedoch die Route im oberen Teil nicht gefunden, sodass wir dort dann die 'Lord of Camalot' geklettert sind.
Da im Mittelland Temperaturen bis zu 30 Grad angesagt waren und noch viele Gebiete nass waren, entschieden wir uns für die Südostwand des Zervreilahorn (2'898m) als geeignetes Tourenziel . In die Clean-Route 'Con todo guerrero' hätte ich mich nicht getraut aber mit dem erfahrenen USA-Risskletterer Ruedi können solch abenteuerlichen Routen schon angegangen werden.
Mit dem Auto sind wir via Vals zum Zervreilasee hochgefahren und vom Parkplatz bei der Kapelle kurz nach 7 Uhr mit den Bikes über die Canalbrücke und rechts dem See noch ein kleines Stück entlang bis zu den Wegweisern gefahren, von wo wir zu Fuss auf dem Wanderweg Richtung Furggelti hochgestiegen sind.
Das Zervreilahorn von der Ebene oberhalb des Zervreilasees. Links die Südostwand mit den alpinen Sportkletterrouten. |
Zustiegsrinne zu den Routen in der Südostwand. Oben quert man dann nach links dem Wandfuss entlang. |
Con todo guerrero (6c, 8 SL)
Den Einstieg haben wir nicht sofort gefunden, da gemäss dem SAC-Kletterführer die Route etwas links der Nanouk (1 Bolt am Stand, der Routenname ist kaum mehr lesbar) beginnt; dort hat es jedoch mehrere Risse welche in Frage kommen. Gemäss dem Foto-Topo ist jedoch der Riss unmittelbar links der Nanouk der richtige (das Foto-Topo hatten wir nicht dabei). Dort sind wir - auf gut Glück - um ca. 9:30 eingestiegen.SL1, 6a+, 40m, Anfangs ist das Risssystem breit, wird dann aber zu einem sehr schmalen Fingerriss. Da Ruedi diese Stelle schwerer als 6a+ einschätzt und wir nicht sicher sind ob dies der richtige Riss ist da er oben voller Dreck ist, quert er links (schwierig) zum nächsten Risssystem, welches athletisch an grossen Griffen gut zu klettern ist (Achtung: lose Blöcke). Dieses und auch das links davon liegende Risssystem ist jedoch oben nicht besonders lohnend weshalb er mit viel Seilzug wieder in das rechte Risssystem hochklettert (Teilabbau der Cams notwendig) wo er dann auch den Stand-Bolt findet.
Con todo guerrero, SL1, 6a+, Hans im oberen Teil |
Con todo guerrero, SL2, 6a+, Körperriss-Stelle; gut geeignet zum platzieren des Cams, aber der Nachsteiger muss auch in den Riss hinein zum Einsammeln. |
Con todo guerrero, SL2, 6a+, Hans in einer längeren Piaz-Stelle. Schön aber anstrengend. |
Con todo guerrero, Stand SL3. Den Bolt kann man durch einen Cam ergänzen (dies ist bei den meisten der 1-Bolt-Ständen gut möglich). |
Con todo guerrero, SL3, 6a+, zuerst etwas einfacher wird es oben wieder anspruchsvoller. Dort klettert man dann eher rechts haltend hoch. |
Con todo guerrero, SL3, 6a+, oberer Teil; teilweise wieder Piaz-Risse. |
Con todo guerrero, SL4, 5a, Anfangs noch in der richtigen Route im 5a-Bereich, oben flacht das Gelände ab und ist über längere Stecken alpin/einfacher (3-4) aber auch schwerer zum Absichern. |
Con todo guerrero, SL4, 5a, mittlerer Teil; gemäss Topo sollte die Route eigentlich rechts vom Spitz oben verlaufen. |
Con todo guerrero, SL4, Variante links, welche Ruedi dann gewählt hat, was wohl eine Erstbegehung ist (?). Die Original-Route ginge hier wohl rechts von der braunen Spitze vorbei (?). |
Con todo guerrero, SL4, neue Variante links von oben betrachtet, den schönen Riss würden wir im Bereich 6a bis 6b bewerten. Rechts unten auf dem Band ist der Stand SL5 von 'Lord of Camalot'. |
Con todo guerrero, SL4, neue Variante vermutlich links der Originalroute im letzten, oberen Teil. Auch hier nochmals schön im Bereich von 6a |
Ruedi versucht nochmals einen Anlauf um wieder in die 'Con todo guerrero' zu gelangen und klettert rechts der Route 'Lord of Camalot' in den grossen Riss, welcher gemäss Topo durchaus die SL5 sein könnte. Sobald man im Riss ist, merkt man jedoch, dass dies nie 5c+ ist sondern eher im Bereich 6b-6c. Auch anschliessend folgt nochmals ein ähnlich anspruchsvolles Risssystem, wobei nicht klar ist, welches man am besten wählt. Ruedi wählt den schmalen Ausstiegs-Riss links; rechts wäre es einfacher gewesen aber zum Absichern hat es dort dafür kaum Möglichkeiten. Im oberen Teil hat Ruedi dann von Clean-Climbing genug und ist in die mit Bolts bestückte SL6 (6c+) der 'Lord of Camalot' gewechselt, welche auch oben noch im Bereich 6b-6c liegt (Pfeiler, siehe Foto).
Stand SL6 von 'Lord of Camalot' |
Vom Stand SL6 von 'Lord of Camalot' die herrliche Aussicht Richtung Zervreilasee. Rechts in der Wand führt die eindrückliche Route Nanouk hoch. |
Con todo guerrero, SL5, Ruedi in der neuen Variante links. Die SL6 (6c+) der 'Lord of Camalot' geht links davon dem eindrücklichen, schmalen Riss hoch (mit den schlechten Normalhaken). |
'Lord of Camalot', SL7, 6a+, 20m, Zuerst klettert man hinunter um dann an das linke Risssystem und den 1.Bolt in der Wand zu queren. Anschliessend den Riss hoch bei dem der Ausstieg nochmals etwas tricky ist. Oben muss man dann rechts halten damit beim grossen braunen Block rechts der Stand erreicht wird.
''Lord of Camalot' SL7, 6a+, Die Crux ist am Anfang die Querung nach links und der Riss-Ausstieg. |
''Lord of Camalot' SL8, 6a, Ruedi freut sich, dass der Gipfel bald erreicht ist. Well done und Gratulation! |
Dort sind wir dann in einfacherem, blockigem Gelände zum grossen Steinmann auf den nördlichen Gipfel (ca. 2800 m) gestiegen, wo wir gemütlich was Kleines gegessen und die schöne Aussicht genossen haben. Mit 5 problemlosen Abseilmanövern über die Fahnenroute (Nanouk) erreichen wir in gut 1/2 Stunde wieder den Einstieg.
Zervreilahorn nördlicher Gipfel mit Zervreilasee, Steinmannli und dem Autor. |
Zervreilahorn, oberste Abseilstelle Fahnenroute |
Nachtrag 15.8.2014: Das Topo vom neuen SAC-Führer ist im oberen Teil ziemlich sicher falsch. In der nachträglichen Begehung der Braveheart haben wir oben einen "Con todo guerrero"-Stand-Bolt links der "Lord of Camalots" gesehen; gemäss dem Topo müsste die "Con todo guerrero" immer rechts der "Lord of Camalots" verlaufen. In der 5. SL kreuzt unseres Erachtens die "Con todo guerrero" die "Lord of Camalots". Die Verschneidung ist wahrscheinlich gemeinsam. Die 6. SL der "Con todo guerrero" verläuft weitgehend 2-3 m rechts der "Braveheart". Zudem ist die "Lord of Camalots" zu kurz gezeichnet:
- Der 5. Stand von "Con todo guerrero" und "Lord of Camalots" liegen z.B. gleich hoch.
- Die "Lord of Camalots" geht auch ganz auf den Gipfelgrat. Die letzte SL ist rechts der markanten gelben Platte.
Das sieht dann in etwa so aus:
Die 'Con todo guerrero' ist rot gezeichnet (Foto-Topo von Michael's Website); die 'Lord of Camalot' verläuft im oberen Teil rechts davon (und nicht links) |
Facts:
Zervreilahorn, Südostwand
Con todo guerrero, 8 SL, 6c, Lukas Dürr / Martin Ruggli, 2005, Alles Clean, Stände jeweils ein Bohrhaken.
Material: Klemmkeile und 2 Sätze Friends
Persönliche Einschätzung der ersten 3 Seillängen: Die Bewertungen empfand ich auf der harten Seite. Die Route kann gut mit mobilen Sicherungsmitteln abgesichert werden (XXX) wobei hierzu viel Erfahrung notwendig ist.
Schönheit: unterschiedlich; 2-4*
In SL4 und SL5 ist Ruedi wohl teilweise neue Linien in anspruchsvollen Rissen (6a-6c) geklettert.
Lord of Camalot, 8 SL, 7a+, Simon Oswald / Sandro Meier 2007, XXX. Wir sind nur die letzten 2 1/2 SL geklettert, welche weniger spannend als die unteren SL sind.
Topo:
- SAC Kletterführer Graubünden (2013) ; Achtung: das Topo stimmt für diese Route im oberen Teil nicht.
- Foto-Topo auf adventure-laentaclimb von Con todo guerrero Die Route ist nicht enthalten im Kletterführer Valsertal 2004 von Michael Illien (da sie später entstand).
Infos und News: adventure laentaclimb , aktuell (Mitte 2014) scheint die Website nur bis ca. 2011 upgedatet zu sein.
Fazit:
Eigentlich sind wir nur die ersten 3 1/2 Seillängen der 'Con todo guerrero' geklettert; die folgenden 2 SL waren dann wohl teilweise neue Linien zwischen der 'Con todo guerrero' und der 'Lord of Camalot' und die letzten 2 1/2 SL sind wir die 'Lord of Camalot' geklettert. Wir wissen nicht sicher, wo genau die 'Con todo guerrero' im oberen Teil durchführt... (siehe oben)
Sachdienliche Hinweise nehmen wir gerne entgegen!
Ruedi's Fazit für den unteren Teil der 'Con todo guerrero' ist jedenfalls klar auf der negativen Seite; es sei die unlohnendste Route gewesen, welche er in diesem Sektor bisher geklettert ist.
Ich finde die Route bezüglich den Anforderungen an die Rissklettertechnik, die Routenfindung (!) und den Umgang mit mobilen Sicherungsgeräten sehr anspruchsvoll und war froh, dass Ruedi den Vorstieg gemacht hat. Aber so war es für mich doch eine sehr schöne und spannende Tour mit einem eindrücklichen Ambiente.