Mit Schnee bis in tiefere Lagen und dem Ziel eine MSL zu klettern entschieden wir uns für eine wenige bekannte Route bei Flums. "Die Route ist den Erschliessern im Heidiland gewidmet" steht im Topo der Sunset Boulevard.
Das klang schon mal interessant und auch die Beschreibung der einzelnen Seillängen ist eher exotisch. Im Internet war ausser dem Topo aber keine Beschreibung zu finden und die Bewertung mit ** ist nicht gerade einladend.
Mit dem PW via Berschis die Senniststr. hoch bis kurz vor der Kurve 890 m.ü.M. wo man am besten gleich auf dem beschilderten kostenpflichtigen Parkplatz parkt. In der Kurve auf dem Waldweg in östlicher Richtung querend kommt ein trockenes und anschliessend ein nasses Bachbeet welches gut gequert werden kann. Nach nochmals ca. 100 m kommt noch ein trockenes Bachbeet bei welchem steil und weglos hochgestiegen wird (wir gehen westlich vom Bachbeet) und an dessen Ende auf ca. 1000 m die Einstiege der Routen sind. Links vom Bachbeet ist die Sunset Boulevard und rechts die Route Leistenbruch. Zustieg in ca. 20 min.
Unsere geplante Route ist jedoch 'falsch angeschreiben'; es stehen 2 Namen auf einer Metalltafel, was uns zunächst verwirrt. Wir realisieren aber bald, dass diese Namen die Lösung des Topo-Rätsels der 1.Seillänge ist "Wer wirft den ersten Stein"; uns waren diese Heidiland-Ersterschliesser einfach nicht bekannt... Die Lösung dieses und der folgenden Rätsel (pro Seillänge ein Rätsel) verrate ich hier nicht; dies soll Ansporn für andere Kletterer sein, die Route zu wiederholen ;-)
Die Wand sieht im Vergleich zu den oberen Süd-Churfirsten-Wänden mit dem Gras und den nassen Stellen nicht gerade anmächelig aus.
Die Hochwand oberhalb Valaschga. Etwas viel Gras und zudem teilweise nass... lohnt sich das? |
Da die Seillängen bezüglich Schönheit ziemlich unterschiedlich sind habe ich am folgenden pro SL eine *-Bewertung vergeben.
SL1, 5c+, 50m , 1-2*, Anfangs schön obwohl der Fels nicht so aussah (wirkt schmutzig und ohne gute Griffe aber es hat kleine Noppen). Anschliessend teilweise grasdurchzogen wobei das Gras meist vermieden werden kann. Die Absicherung ist gut.
Sunset Boulevard SL1, 5c+, Ruedi startet in die gar nicht so üble erste Seillänge. |
SL3, 6c+/7a 50m, 3*, Nun geht es zur Sache; die Platten-Crux schon nach dem 3.Bolt. Je nach Grösse bieten sich 2 Möglichkeiten an: wenn man grösser ist (ab 1.80 m) geht es wohl dynamisch (so gut das auf einer Platte geht) am besten an den guten Griff rechts hoch schnappen (6c+); sonst muss man leicht links auf der Platte schwerer/dificiler (7a) hoch und dann links hinausqueren.
Oben dann etwas einfacher (ca. 6b) auf der Platte hoch wobei man rechts ziemlich ausholt, dann aber gerade hoch über den Wulst klettert und in weiterhin schönem Fels den Stand erreicht. In diesem Teil führt gleich rechts die Route Leistenbruch durch.
SL3, 6c+/7a Ruedi vor der kniffeligen Crux |
SL3, 6c+/7a Diesmal Blick vom Stand hinunter zum unteren Stand. Ganz unten sieht man das Zustiegs-Bachbeet gut. |
Ab hier hören die Metalltafeln mit den Erschliessernamen an den Ständen auf.
SL4, 6a, Hans sucht die Bolts in der sehr schönen Plaisir-mässigen Seillänge. |
SL5, 6b+, Unten Plaisir und trocken; rechts oben in der Verschneidung war's dann leider nass. |
SL5 diesmal von oben gesehen; in der linken unteren Ecke sieht man den Ausstieg aus der athletischen Zone. |
Interessant war, dass dieser Riss 4 Stunden später beim Abseilen kaum mehr nass war; allerdings waren die vorher nassen Griffe ziemlich schmutzig.
SL6, 6c, Hans klettert die nasse und etwas schmutzige Verschneidung (Crux) welche sich aber sehr gut auflöste (an dieser Stelle in den rechten Wandteil gequert) |
SL6 diesmal von oben. Der kleine Platten-Runout vor dem Ausstieg ist nicht mehr so schwer (ca. 6a) und kann auch rechts (in Kletterrichtung) umgangen werden. |
SL7, 6b, An dieser Stelle und danach befindet sich die Crux-Passage dieser SL. |
SL8, 5a, Der breite Bach wird unten auf dem Band gequert, gegen Ende der SL eine schöne Platte. |
Am Schluss noch grifflos auf flacherer Platte zum Stand, wobei sich die Seilreibung für den Vorsteiger bemerkbar macht (teilweise lange Exen verwenden oder Halbseiltechnik).
SL9, 6c+, Ruedi im kleinen Aufschwung; anschliessend ist dann aber vor allem anspruchsvolle Plattenkletterei angesagt. |
SL9, 6c+, Hier von oben; Hans in der 2.Platten-Crux ,welche an dieser Stelle besser etwas links geklettert wird. |
Hier hat es wieder eine Metalltafel.
SL10, 7a, Hans noch im unteren einfacheren Teil. |
SL10, 7a, Hier startet die Crux-Passage; von diesem guten Griff aus kann man einen Dynamo rechts hoch machen. |
Am Ausstieg der Route dann doch noch eine Metalltafel. |
Nach einer längeren Pause auf dem Band mit schöner Aussicht seilen wir 10 mal in ca. 1 1/4 h ab und sind ca. 18 Uhr wieder unten am Einstieg. Bis wir unten beim Auto sind dämmert es bereits (ca. 18:40).
Blick auf den Walensee vom Ausstieg der Route Sunset Boulevard. Wunderschöne Herbststimmung aber die Wolken verhinderten einen schönen 'Sunset'. |
Valaschga Hochwand (bei Flums) - Sunset Boulevard, 10 SL 400m, 7a+ (6a+ obl.) - Christian Schlegel, Fredy Tischhauser + Co, Mitte 80er - 1999 -
Meine Bewertung: 7a (6b obl.) 3*, schwere Passagen: XXXX, leichte Passagen: XX/XXX
Material: 13 Exen, Camelots 0.5-1 können nur wenige Male verwendet werden.
Topo: www.megusta.ch
Die Gesamtbewertung ist mit 7a+ angegeben obwohl die einzelnen SL's max. 7a sind, was ich auch in etwa so sehe. Vrmtl. stammt die 7a+ noch von den alten, nun durchgestrichenen 7a+-Bewertungen der letzten 2 Seillängen. Die Absicherung empfanden wir als durchwegs gut, in den schweren Passagen sogar sehr gut.
Das Topo enthält interessante Infos über die Erschliessungsgeschichte im Heidiland wobei die Antworten (Namen der Erschliesser) auf schönen Metalltafeln an den Ständen - leider nur bis zum Stand der SL4 - zu finden sind. Sind danach die Metalltafeln ausgegangen oder wurden diese gar geklaut?
Fazit:
Einsames Gebiet; es hat wohl selten andere Kletterer hier.
Einige Seillängen sind durchgehend sehr schön. Teilweise ist die Route aber auch inhomogen obwohl es doch auch längere anhaltende Passagen gibt.
Es überwiegt Plattenkletterei, es hat aber auch einige Verschneidungen/Risse und die letzte Seillänge ist dann noch athletisch, was die ganze Route sehr abwechslungsreich macht.
In wenigen Seillängen läuft leider teilweise schmutziges Wasser über die Route und hinterlässt eine Dreckschicht, was aber meist nicht besonders stört. Nach Regen sollte ein paar Tage gewartet werden.
Insgesamt kann die Route aber doch empfohlen werden wenn es in den höheren Lagen schon Schnee hat und man eine MSL in einer schönen Gegend sucht.