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Samstag, 20. Juni 2015

Hinter Glatten - Let's go (7b)

Tour Datum: 12.06.2015
Schon lange war ich nicht mehr am Klausenpass zum Klettern, wo wir aufgrund der Wettersituation den Hinter Glatten wählten. Insbesondere auch wegen einem Verhauer, den wir leider hatten, beschreibe ich hier die Tour 'Let's go'.
Erst beim Hochfahren zum Pass haben wir aufgrund der Schnee- und Wetter-Verhältnisse entschieden, wo wir klettern wollen; Butzli, Chli Glatten oder Hinter Glatten waren die Wahl.
Schon von der Passstrasse aus war ersichtlich, dass der rechte Wandteil des Hinter Glatten sehr nass ist, der linke Teil jedoch - soweit erkennbar - schon trocken. Parkiert haben wir bei der letzten Kurve (P.1888), knapp 1 km ostseitig der Passhöhe. Wir brauchten etwa 45 Minuten für die rund 330 Höhenmeter Zustieg (T4/T5-Gelände).


Hinter Glatten mit der Route Let's go (rot) sowie der "Verhauer"-Seillänge (schwarz)
Nachdem wir uns orientiert und vorbereitet hatten sind wir um 9:30 in die vermeintlich richtige Route eingestiegen.
L1 Verhauer, ca. 6b, ca. 30 m rechts von "Let's Go", 
Die erste Hälfte relativ brüchig, oben dann doch wesentlich besserer Fels und schöne Kletterei.
L2 Verhauer, Nun sieht man keine weiteren Bolts mehr, nur ca. 10 m weiter oben kommt eine alte Reepschnur mit einem Karabiner drin. Dort kann man sich provisorisch sichern und das Gelände ist nicht allzu schwierig, sodass zurückklettern möglich ist. Wir treten den Rückzug an und seilen dann vom Stand ab.

Der Verhauer (altes Projekt?) ist im Extrem Ost als gestrichelte Linie eingezeichnet, aber im GLClimb gar nicht (obwohl es den Verhauer aufgrund des alten Materials wohl schon länger gibt). Schade, dass wir das Extrem-Ost-Topo nicht genauer angeschaut haben.


Die "Verhauer"-Seillänge im unteren Teil, ca. 6b. Sie führt bis ca. 15 m unterhalb des grossen Daches.
Der Verhauer hat uns total 1 3/4 Stunden gekostet! Das ärgert uns schon, da die Wetterlage nicht sehr stabil ist (Gewitter-Gefahr auf den Abend).
Man muss schon sehr gut schauen, bis man den Einstieg der Let's go findet, da die alte, graue Schlinge unten am Stand im Felsen bestens getarnt ist und auch der erst Bolt kaum sichtbar ist. Nun den, am Schluss konnten wir doch noch in unsere geplante Route einsteigen.


Let's go, 6 SL, 7b (6b+ obl.)

SL1, 6c, 35m,  Anfangs noch einfach, folgt man nach dem ersten Dächli logischerweise der grossen Schuppe gerade hoch (mittlerer Cam legen); der Bolt ist dann aber rechts davon und kann kaum mehr erreicht werden. Dann folgt ein anhaltender, schwerer Mittelteil im 6c Bereich, bevor man nach links an den ausgesetzten und steilen Pfeiler queren muss (unübersichtlich). Bis zum Stand nochmals schwere aber sehr schöne Kletterei.
Sehr schöne und anspruchsvolle SL. Im GLClimb noch mit 6b+, würden wir wie im 'Extrem Ost' auch 6c bewerten.


"Let's go" SL1, 6c, nach dem anhaltenden Mittelteil muss links an den Pfeiler gequert werden, dessen Steilheit und Ausgesetztheit hier gut sichtbar ist.
SL2, 6b+, 40m, Unten noch nicht die Topfelsqualität (leicht brüchig) folgt sehr schöne und abwechslungsreiche Kletterei mit einem für Kalk super schönen, breiten Riss. Die Schwierigkeiten sind auf eine Einzelpassage beschränkt, vielfach ist 6a-Gelände. Sehr schöne SL.


SL2, 6b+, Teil 1: nicht immer ganz kompakter Fels und  relativ weite Boltabstände...
SL2, 6b+, .... folgt im 2.Teil ausgezeichneter und abwechslungsreicher Fels incl. eines breiten Plaisir-Risses.
SL3, 6c+, 35m, Die Querung rechts an den Pfeiler noch nicht so schwer, wird es dann aber stetig anspruchsvoller. Im Mittelteil etwas splitterig und hierfür für mein Gefühl zu knapp abgesichert; hier sollte man sich sicher sein im Vorstieg. Der Pfeiler dann athletisch in grandioser Kletterei und gut abgesichert an meist grossen Griffen, welcher einiges an Ausdauer erfordert. Kurz vor dem Stand noch ein No-Hand-Rest unter einem Dächli; der Stand kommt aber gleich. Ruedi zieht OS durch; Gratulation! Sehr schöne und anspruchsvolle SL.


Stand SL3, Blick Richtung Nordost erkennt man gut den nassen Wandteil des Hinter Glatten wo die anderen Routen sind.
SL3, 6c+, unterschiedliche Felsstrukturen mit abwechslungsreicher Kletterei sind in dieser ausgezeichneten SL anzutreffen.
SL3, 6c+,  Zoom in den überhängenden Pfeilerteil am Schluss der SL, welcher bestens abgesichert ist.
SL4, 3a, 35m, nur Anfangs guter Fels (1 Bolt) dann einfaches Gelände mit Gras und Blöcken. Achtung: in diesem brüchigen Gelände muss man sehr darauf achten, keine Steine auszulösen. Im GLClimb fälschlicherweise als 7a bewertet (wohl ein Typo-Fehler); wir konnten noch nie so leicht eine 7a punkten ;-). Ist aber wohl doch eher 4a als 3a.

SL5, 7b, 47m, Anfangs sind die ersten 2 Bolts für uns noch frei kletterbar, dann müssen wir bei 2 Bolts über die feingriffige Überhangzone A0 machen; hier ist zweifellos die Crux-Passage. Oben dann einfacher, aber mit weiteren Sicherungsabstände und am Schluss vor dem Quergang noch eine schwere Stelle, welche aber gut abgesichert ist. 
Sehr schöne, lange und anspruchsvolle SL.

SL5, 7b, die feingriffige steile 7b-Passage ist gut zu erkennen.
SL5, 7b, auch im oberen Teil hervorragender Fels. Man beachte den rostfreien Bolt (gut 20 Jahren alt). 
SL6, 6a, 35m, Ziemlich anhaltend in diesem Schwierigkeitsgrad, teilweise würde ich auch eher 6a+ geben, sowie weite Boltabstände, welche kaum entschärft werden können. Obwohl meist sehr guter Fels hat es dazwischen doch auch etwas weniger festen Fels, aber auch diese Seillänge ist sehr lohnend. Der Ausstiegsstand ca. 2-3 m unterhalb des flachen grossen Plateaus.

SL6, 6a, Auch die letzte SL bietet nochmals schönen Fels, allerdings sind die Boltabstände recht weit.
Wir waren um 11:15 eingestiegen und sind um 16:00 am Ausstieg; d.h. wir hatten doch total ca. 4 3/4 Stunden, was auf die langen und für uns schweren Seillängen zurückzuführen ist. Insgesamt waren wir doch noch zufrieden und konnten trotz des Verhauers die ganze Route ohne Regen klettern.
Ausstieg von "Let's go"; Blick Richtung Südwest mit dem Klausenpass. Nordseitig liegt noch viel Schnee.
Ausstieg von "Let's go"; Blick auf die Klausenpassstrasse, welche sich wie ein Gedärm hochwindet.
Am Ausstieg sind wir dann auf dem flachen Plateau ca. 100-200 m Richtung Nordost hinübergequert zu einem Steimannli wo eine Abseilstelle ca. 3-4 m tiefer war (vrmtl. die Route Königswasser). Oben haben wir aber zuerst noch etwas Pause gemacht und sind dann luftig abgeseilt. Am Wandfuss dann rüber zu den Rucksäcken gequert und ausgiebig unseren Lunch gegessen. Auch beim Abstieg zur Passstrasse wurden wir nicht verregnet.

Facts:
Klausenpass, Hinter Glatten
Let's go, 6 SL, 
7b (6b+ obl.), 230 m, Thomas Pfenninger / Claudia Müller, 1993/94
Material: 10 Express, Camalot 0.5-2, evtl. Keile, 2 x 50m Seil
Die Bolts sind auch nach gut 20 Jahren äusserlich in einem sehr guten Zustand.
Persönliche Einschätzung: Die Bewertungen vom Extrem Ost empfand ich als in etwa angemessen. Die Absicherung ist in den schweren Passagen sehr gut (xxxx), sonst eher knapp gut (xxx), wobei auch ab und zu selber abgesichert werden muss. 
Schönheit:  4*; Die meisten Seillängen sind sehr schön; die Felsqualität ist jedoch nicht überall einwandfrei und eine Schutt-Zwischenseillänge über das Band stört den Kletterfluss etwas.

Topo
- Schweiz extrem ost (2013); sehr gutes Topo!
- GLClimb.

Fazit
Let's go ist eine lohnenswerte und abwechslungsreiche Route in meist bestem Fels. Es ist jedoch alpines Gelände, d.h. es hat auch einige etwas splittrige Stellen, die man sicher bewältigen können sollte, zumal in den einfacheren Passagen im 6a-Bereich grössere Boltabstände warten, welche nicht immer selber abgesichert werden können. Achtung: der richtige Einstig ist nicht einfach zu finden (siehe oben).